Heute werde ich nicht schreiben was ich den Tag über gemacht habe. Denn ihr wisst ja, an Zerodays stehen Essen, Essen sortieren, schlafen und das Planen der nächsten Etappe auf der Liste.
Lieber möchte ich ein kleines Resümee ziehen.
Ich bin jetzt fast zwei Monate auf dem PCT, habe 702 Meilen (knapp über 1100 Kilometer) hinter mir und gestern den Abschnitt „Südkalifornien, Wüste“ beendet.
Mir taten die Knie weh, ich hatte Probleme mit den Sprunggelenken und meine Füße haben mir Tränen in die Augen gejagt. Zeitweise hatte ich so viel Tape an den Beinen kleben, dass man kaum noch etwas anderes gesehen hat. Ich habe mich mehr gequält als dass ich den Trail genossen habe.
Ich bin direkt am ersten Tag gestürzt, trage zarte Narben davon.
Am Anfang konnte ich nichts essen. Ich habe viel Gewicht in kurzer Zeit verloren und fühlte mich angeschlagen.
Mir ist mein Wasserfilter kaputt gegangen, mein Handy hat nun die „Spiderapp“, ich habe meine Zeltstangen verloren (und zum Glück wieder bekommen) und hatte Sonnenbrände die bereits Blasen geschlagen haben.
Doch meine Füße wurden besser, nach dem ich neue Schuhe hatte. Der Sonnenbrand ist nach einer Weile abgeheilt. Ich konnte mit Hilfe anderer Hiker mein Wasser filtern. Mein Handy funktioniert trotz kaputtem Display. Meine Knie und Sprunggelenke sind an die Strapazen gewöhnt. Ich habe durch Rita mein Essensproblem gelöst.
Bis jetzt habe ich Probleme, sobald es zu heiß wird. Doch im Vergleich zu den ersten Tagen kann ich damit besser umgehen.
Ich habe die schönsten Sonnenaufgänge gesehen. Habe nachts die Sterne bewundern können. Ich bin zufrieden mit meiner Ausrüstung, liebe alles was ich gekauft habe.
Die Wildblumen sind wunderschöne Farbtupfer, die Kiefern verstreuen ihren Duft und an einigen Tagen sieht man nach jeder Kurve etwas Neues.
Ich bin über den Wolken gelaufen, habe diese durchquert und bin bereits das erste Mal im Schnee gewandert.
Ich sehe Tiere in ihrer freien Wildbahn Echsen, Schlangen, Stinktiere, Vögel, Füchse und sogar bereits einen Bären.
Mein Körper wird stärker, meine Beine leisten gute Arbeit. Ich verrenke mich, um an Wasser zu kommen. Steige über große Steine und Bäume die im Weg liegen. Ich kann mich vom Sitzen, mit vollem Rucksack auf dem Rücken, ohne Probleme hinstellen. Wer mich auch nur einmal gesehen hat wie ich nach zwei Kniebeugen fast zusammenbreche, weiß was für eine Steigerung das ist! Man gewöhnt sich an all den Dreck der an einem klebt, immerhin braucht man dann weniger Sonnencreme. Direkt einen Tag nach dem man in der Stadt geduscht hat, sieht man wieder aus wie vorher. Die Klamotten stehen vor Staub und Schweiß und teilweise kommen die Waschmaschinen in den Städten nicht mehr dagegen an. Aber jeder auf dem Trail sieht so aus.
Sein „Haus“ jeden Abend woanders aufzubauen und das stille Örtchen in der Natur zu suchen wird zur Normalität.
Trotz aller Strapazen am Anfang liebe ich was ich momentan erlebe. Der PCT lässt mich an meine Grenzen gehen und ich bin mir sicher, dass weitere Herausforderungen kommen.
Wenn mich andere fragen wieso ich den PCT laufe kann ich keine richtige Antwort geben. Ich weiß nicht was meine ursprüngliche Intention war. Vielleicht wollte ich mal rauskommen. Sehen wie ich an meine Grenzen komme und wo diese überhaupt liegen. Mit wenig Dingen auskommen. Mein Hab und Gut passt momentan in einen einzigen Rucksack.
Mir gefällt all das. Aber ich merke auch, dass mein „normales“ Leben wunderbar ist. Ich kämpfe zeitweise weiterhin mit Heimweh und habe Sehnsucht. Ich vermisse meine Freunde, Familie, meinen Partner. Und manchmal denke ich wehmütig daran, dass ich einen Sommer mit ihnen verpasse. Aber das zeigt mir, dass ich glücklich zu Hause bin. Und ich bekomme so viel Unterstützung und Zuspruch von allen Seiten! Jedes Mal wenn ich nach Hause telefoniere höre ich, wie viele Leute nach meiner Reise gefragt haben und ganz ungeduldig auf die nächsten Berichte warten. Einige kenne ich nicht einmal persönlich, aber es hilft enorm zu wissen, dass so viele mitfiebern!
Ich bin froh, dass ich eine „Trailfamilie“ habe. Wir teilen alle guten und schlechten Tage. Und unsere Trailangel im Camper gehören dazu! Sie helfen uns enorm und es fühlt sich wie ein Stück zu Hause an.
Mein Start war schwer und ich bin so glücklich, dass ich nicht aufgegeben habe. Mein Ziel ist Kanada und ich freue mich so sehr auf die kommenden Etappen!
Hallo Mareike,
Der Rückblick auf deine bereits erreichten Etappen ließt sich
sehr gut und ging mir sehr nahe.
LG Kathi
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Hey Große,
dein Rückblick gibt die letzten Wochen sehr gut wieder………..Genau so habe ich dich erlebt………..
Am schönsten ist es ,dass du wieder mit den Augen lachst und uns entgegen läufst …… liebe Grüße an deine Trail-Familie….es ist schön, dass Rita dich für die Dauer des Trails adoptiert hat.
Mama
PS: Pass auf die Bären auf
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Ein wundervoller beitrag meine liebe!!! Ich ziehe den hut vor dir und hoffe, dass du wenige strapazen und dafür mehr einzigartige dinge erleben wirst 😊
Mach weiter so und schreib so wunderbar weiter bitte….
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